„Wie können wir mit digitalen Technologien #besserlernen?“ Unter diesem Motto hatte Stefan Schick von Microsoft Deutschland zu einer Gastbeitragsserie aufgerufen. Volker Wittenbröker und Olaf Schneider zeigen, welche Rolle Verlage in der Digitalisierung der Bildung spielen.
Es gab Zeiten, da wurden Universitäten und Bildungsmedienverlage mit viel Geld versorgt, um einsatzfähige Lernmodule für die schulische und universitäre Lehre zu entwickeln. Die Anfang 2000 nach dem Gießkannenprinzip ausgeschütteten UMTS-Gelder, haben viele gute Ideen in interessante Lernmodul-Prototypen verwandelt, von denen allerdings nur wenige wirklich in der Lehre angekommen sind. Das Thema Nachhaltigkeit wurde im Rahmen dieser Förderung nicht wirklich ernst genommen.
Seit dieser Zeit sind die Bildungsmedienverlage in Deutschland unterschiedliche Wege gegangen, um digitale Produkte zu entwickeln, die sich wirtschaftlich rechnen. Aber egal, wie die Verlage die Sache auch angegangen sind, die Umsätze ließen nie die Hoffnung reifen, dass man von dem Verkauf digitaler Lernmedien einen traditionellen Verlag betreiben könnte.
Der aktuelle Trend, auf Internetportalen die digitale 1:1 Abbildung der Schulbücher quasi zum Nulltarif anzubieten, um große Nutzergruppen anzuziehen, die nebenher auch noch kostenpflichtige Zusatzmaterialien erwerben, wird mit Slogans wie „Das Digitale Schulbuch – mehr als nur ein eBook!“ am Markt beworben.
Man muss kein Fachmann sein, um zu merken, dass eine 1:1 Abbildung von Schulbüchern wohl kaum als eBook bezeichnet werden kann, wenn von vornherein eine dynamische Darstellung auf unterschiedlichen Endgeräten ausgeschlossen wird. Auch weiterführende Funktionalitäten der Textrecherche und -bearbeitung wie sie bei eBooks selbstverständlich sind, fehlen bei diesen Abbildungen der Schulbücher weitgehend.
Zum wiederholten Mal wird der Fehler gemacht, ein digitales Produkt mit einem Etikett zu versehen, das vortäuscht mehr zu sein, als es in Wirklichkeit ist. Ein solches Vorgehen kommt nicht nur bei Lehrerinnen und Lehrern schlecht an, es ruft auch bei den inhaltlich Verantwortlichen Kritik hervor.
Was aber müssten Bildungsmedienverlage besser machen, um die „Digitale Bildung“ an deutschen Schulen nachhaltig zu fördern?
Stärken stärken. Dieser vielversprechende Ansatz setzt ganz auf starke Printprodukte, die um digitale Anwendungen erweitert werden. In diesem Zusammenhang lauten die wichtigsten Fragen: Welchen Mehrwert bieten die digitalen Produkte für die Nutzer der Printprodukte? Welche Funktionen der digitalen Version eines erfolgreichen Printproduktes überzeugen Kunden, den Umstieg zu wagen? Können Print- und Digitalprodukte als attraktives Bundle angeboten werden?
Märkte schaffen. Die Verteilung von Digitalprodukten an Schulen kann zu einem neuen Absatzmarkt für die Bildungsmedienverlage werden. Wenn mit Hilfe moderner Betriebssysteme und der damit gekoppelten „App-Stores“ der Kauf und die Übertragung digitaler Produkte an einzelne Nutzer (LuL) und Nutzergruppen (SuS) einfacher wird, als die Bestellung und Verteilung von Printprodukten, werden sich auch Schulen vermehrt für digitale Produkte entscheiden. Auch in diesem Zusammenhang sind kombinierte Produkte für unterschiedliche Einsatzszenarien (Selbstlernen, Whiteboard, kooperatives Arbeiten etc.) für Schulen von erheblichem Interesse.
Privates Lernen neu Denken. Verlage sollten zur Kenntnis nehmen, dass sich in den letzten Jahren mit den „App-Stores“ hervorragende Distributionskanäle für das private Lernen entwickelt haben, die nahezu 100% der Smartphones von Schülerinnen und Schüler bedienen. Deshalb ist es für Verlage nicht sinnvoll, in den Aufbau neuer, nicht konkurrenzfähiger Portale für das private Lernen zu investieren. Besser wäre es, das Geld für die Entwicklung einer Infrastruktur auszugeben, um angemessene Lern-Apps kostengünstig in den großen App-Stores anbieten zu können. Dabei gilt es, die mediendidaktischen Errungenschaften der CD-ROM-Ära nicht einfach über Bord zu werfen, sondern das, was methodisch-didaktisch erfolgreich war, in das App-Zeitalter zu überführen.
Volker Wittenbröker und Olaf Schneider (Beiräte Neue Wege des Lernens e. V.)